Wirtschaftswachstum durch KI-Infrastruktur – Wie funktioniert das konkret?

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01.03.2025
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5 min Lesedauer
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Dieses Interview ist Teil einer 7-teiligen Zusammenarbeit von cloud ahead und dem KI-Park e.V. zum Thema 'Souveräne KI-Infrastruktur'.

Dr. Henry Goecke ist Geschäftsführer bei IW Consult und Senior Economist am Institut der deutschen Wirtschaft, mit Schwerpunkt auf Digitalisierung, Regionalökonomie und Wirtschaftspolitik.

Dr. Béla Waldhauser ist Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen im Eco-Verband der Internetwirtschaft e. V. und CEO der Telehouse Deutschland GmbH, mit langjähriger Erfahrung im Bau und Betrieb von Rechenzentren.

Die IW Consult hat im Auftrag des Eco-Verbands eine umfassende Studie zur Relevanz von KI-Rechenzentren für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands durchgeführt. Das Ergebnis: Rechenzentren sind das Rückgrat der digitale Transformation Deutschlands. Der Einsatz von KI erzeugt ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 410 Milliarden Euro. Unternehmen, die Rechenzentren nutzen, sind innovativer und erfolgreicher. Deutschland insgesamt könnte die jährliche Steigerungsrate der Arbeitsproduktivität von 0,8% auf 1,3% erhöhen.

Rechenzentren und der Einsatz von KI spielen somit eine Schlüsselrolle für Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum insgesamt.  


Gregor: Im ersten Teil unseres Interviews habt ihr beschrieben, wie Investitionen in KI-Infrastruktur grundsätzlich zu Wirtschaftswachstum führen. In diesem zweiten möchte ich verstehen, wie dieser Effekt in der Praxis abläuft. Wenn Politik und Wirtschaft ein paar Milliarden in die Hand nehmen, wie wird daraus dann nachhaltiges Wirtschaftswachstum? 

Bela: Um in Deutschland ein vitales KI-Ökosystem aufzubauen, benötigen wir Investitionen an mehreren Stellen. Alles beginnt mit der Verfügbarkeit günstiger Energie. Um die steigende Nachfrage danach zu befriedigen, benötigen wir vor allem weitere Kraftwerke. Da diese, aufgrund der Umstellung auf Solar und Wind, zunehmend volatil liefern, müssen zudem die Übertragungsnetze, Umspannwerke und Speichertechnologien ausgebaut werden. Des Weiteren geht es um die Rechenzentren selbst sowie um den Aufbau lokaler Abnehmer der Abwärme, meist in Form von warmem Wasser. 

Der Bedarf moderner Rechenzentren nach Wasser wird übrigens allgemein überschätzt. Wir operieren hier mit geschlossenen Kreisläufen, die im laufenden Betrieb kein Wasser entnehmen. 

Was häufig allerdings vergessen wird: Die Kosten für ein Rechenzentrum sind zwar hoch, aber der größte Teil der Investitionen entfällt auf das, was drinsteht. Ganz gut kann man das erklären anhand einer Investition von Microsoft. In der Pressemitteilung sprachen die Kollegen von drei Milliarden für ein Data-Center-Projekt. Ich habe die Rahmendaten dann überschlagen und festgestellt: Das eigentliche Rechenzentrum kann maximal 1 Milliarde gekostet haben. Das heißt: der Rest des Geldes ging in IT-Hardware und Software.  

„Unternehmen, die Cloud und KI nutzen, wachsen stärker mit neuen Produkten, sind also innovativer.“ 

Gregor: Aber wie entsteht denn jetzt das Wirtschaftswunder? 

Henry: Im Kern geht es bei der KI-Transformation um eine Fortführung der Digitalisierung. Weil wir dazu seit Jahren Studien mit wiederkehrenden Fragen durchführen, können wir diese Effekte klar beschreiben. 50% der Unternehmen nutzen irgendeine Form die Cloud, 25% der Unternehmen können ihr Geschäftsmodell nicht ohne sie betreiben. Unternehmen, die Cloud und KI nutzen, wachsen stärker mit neuen Produkten, sind also innovativer. In Summe sind in den letzten 3 Jahren dadurch monatlich 125.000 gut bezahlte Arbeitsplätze entstanden. In Summe hängen jetzt etwa 6 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland von der Cloud-Nutzung ab. Dies alles erfolgt in einer Zeit, in der klassische Branchen wie Banken und Automotive Arbeitsplätze abbauen. 

Wenn man sich anschaut, wie viel Umsatz erfolgreiche Digitalunternehmen wie Microsoft, AWS oder Google aber auch deutsche Software-Unternehmen wie SAP oder Celonis pro Mitarbeiter erzeugen, sieht man, um wie viel produktiver diese Arbeitsplätze sein können . Dieser Effekt wird durch künstliche Intelligenz weiter verstärkt. 

„Der Mehrwert von Investitionen in KI- Infrastruktur entsteht vor allem bei den Unternehmen, die diese Infrastruktur nutzen.“ 

Gregor: Die wichtigsten wirtschaftlichen Effekte entstehen also gar nicht bei euch, Bela, sondern im Ökosystem drumherum? 

Bela: Ja genau. Natürlich beschäftigen auch wir Mitarbeiter, etwa Elektriker, Klimatechniker, Security-Experten und einige klassische Angestellte. Aber der wirtschaftliche Mehrwert digitaler Infrastruktur entsteht vor allem durch die Unternehmen, die diese Infrastruktur nutzen. Ein Beispiel dafür ist Daimler, die ihre Rechenzentren von Stuttgart nach Frankfurt verlagert haben, während die IT-Infrastruktur weiterhin für den Konzern genutzt wird. 

Ich als Frankfurter kann übrigens die Analysen von Henry in der Praxis bestätigen: Seit Jahren bauen Banken und die Automobilzulieferer hier Arbeitsplätze ab. Zuletzt zum Beispiel reduzierte sich die Commerzbank um 4000 Stellen. Aber die Digitalindustrie sucht händeringend nach Personal und bezahlt dabei überdurchschnittlich gut.  

Es geht also um den ganzen Kosmos rund um Cloud und KI, um Digitalparks, um Startups, um die Digitalisierung unserer Wirtschaft. 

„Eine Sonderabschreibung auf KI-Investitionen würde besonders die Digitalisierung des Mittelstands beschleunigen.“ 

Gregor: Wenn Deutschlands Unternehmen nicht nachziehen, dann bringt also die beste KI-Infrastruktur nichts? 

Henry: Daher schlagen wir ja die Sonderabschreibung auf KI-Investitionen vor.  

Diese würde vor allem kleine Unternehmen und den Mittelstand bei der Digitalisierung unterstützen. Wir sehen hier den Bedarf für die ganze Palette der IT-Modernisierung: Die Umstellung auf flexible und skalierende Cloud-Infrastrukturen, Modernisierung der Applikationen, Verbesserung der Cybersecurity, Automatisierung interner Prozesse, agilere Organisationen, Predictive Maintenance, software- und plattformbasierte Geschäftsmodelle und neue Vertriebs- und Marketingwege. Alles das bedeutet für die KMUs eine enorme Anstrengung. Im Gegensatz zu vielen Großunternehmen fehlt ihnen hierzu sowohl die Experten als auch das Kapital. 

Mit der Sonderabschreibung unterstützen wir sie finanziell und geben ihnen die richtigen Anreize. Cloud und künstliche Intelligenz helfen ihnen dann dabei, mit weniger Personal wettbewerbsfähiger zu agieren. Damit beschleunigen wir das Tempo unseres digitalen Strukturwandels. Aus 125.000 neuen Digital-Jobs pro Monat könnten dann noch wesentlich mehr werden. 

Bela: Uns als Rechenzentrums-Bauer und -Betreiber sowie der Energiewirtschaft bliebe dann die Aufgabe, die noch weiter steigende Nachfrage nach unseren Leistungen zu befriedigen. Hier würde vor allem eine branchenübergreifende Koordination der Investitionen der Beteiligten sowie weniger bzw. besser abgestimmte Regulierung helfen. 

Gregor: Bela und Henry, vielen Dank für eure Zeit!  

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