GaiaX – Die föderale Rakete

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19.06.2019
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3 min Lesedauer
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Was ist eine föderale Cloud?

Der Begriff „Cloud“ steht stellvertretend für einen Haufen von IT-Leistungen, die automatisiert bestellt, geliefert und abgerechnet werden können. Die Bedienung erfolgt dabei so intuitiv wie bei Spotify: Auf die Webseite gehen, Kreditkartennummer angeben, Leistung auswählen, loslegen. Auf diese Weise können Unternehmen und auch Privatpersonen Speicher, Netzwerk und Rechenleistung bei AWS bestellen.

Der Unterschied zwischen einer “normalen” Cloud (wie bspw. AWS) und einer föderalen Cloud wie GaiaX besteht darin, dass bei der föderalen Cloud der Kunde seine IT-Dienste bei unterschiedlichen Anbietern auf dem gleichen Portal ordern kann: Den Speicher bei T-Systems, den Kubernetes-Cluster bei ATOS und den AI-Service bei Bosch. Aus vielen kleinen Clouds mit wenigen, spezialisierten Services wird auf diese Weise eine virtuelle, große Cloudplattform. Der Vorteil? Marco-Alexander Breit, der Digitalisierungsexperte von Wirtschaftsminister Altmaier, formuliert es im Handelsblatt wie folgt:

 „Aus einzelnen Seen soll eine Seenplatte werden“

Bleibt man bei diesem Bild, dann existieren viele dieser kleinen Seen existieren bereits. Die meisten dieser Cloud-Seen sind deutlich  kleiner als die Angebote von Google, Azure oder AWS. Aber zusammen genommen könnte es eine riesige Seenplatte werden.

Wo ist da der Haken?

Die Idee klingt pfiffig, die Probleme liegen im Konkreten:

  1. Kunden können viele ihrer Anwendungen (Bsp: SAP) nicht beliebig auf viele kleine IT-Provider verteilen. Um im Wettbewerb mit den zentralen Clouds zu bestehen, muss der jeweilige Teil-Cloud-Anbieter ausreichend attraktiv sein. Und das bedeutet: Viele Services die hinreichend skalieren und preislich nicht deutlich teurer sind als die Konkurrenz. Um im Bild mit der Seenplatte zu bleiben: Ein Containerschiff wird im Käbelicksee bei Dalmsdorf nicht glücklich, auch wenn die Seenplatte 10x größer ist als der Bodensee.
  2. Zwar können ganze IT-Landschaften auf viele Anbieter verteilt werden. Doch aus diesem Szenario ergeben sich zahlreiche Probleme. Alle (großen) Clouds bieten im Kern das Gleiche, die Details sind jedoch arg unterschiedlich. AWS-Spezialisten können Anwendungen auf AWS bringen, Google-Spezialisten auf Google. Liegen der föderalen Cloud also faktisch unterschiedliche Ökosysteme zugrunde, müssen Unternehmen jeweils separate Teams ausbilden und auslasten. Für jeden See der Seenplatte benötigt es daher eigene Karten, eigene Führerscheine, eigene Lotsen.
  3. Verteilt nun ein CIO seine IT-Landschaften trotzdem auf verschiedene technische Clouds, werden die Applikationen miteinander kommunizieren. Hierzu sind sichere Verbindungen notwendig, und zwar zwischen allen Lokationen. Das wiederum bedeutet Setupaufwände, Betriebsaufwände und nutzungsabhängige Kosten. Die See-Metapher: Container vom Priesterbäckersee zum Hofsee zu transportieren ist etwas ganz anderes, als Container vom Zenssee zum Leppinsee zu schaffen.
Woran wird es scheitern?

Eine dezentrale Cloud interoperabel zu machen, abzurechnen und zu orchestrieren ist vom Aufwand her vergleichbar mit einer kleinen Mondlandung. Und selbst wenn diese Herkulesaufgabe dem GaiaX-Team gelingt, wird die föderale Struktur dem Kunden deutlich mehr Aufwände bescheren. Die Verlockung bleibt also groß, die IT-Dienste auf einen der drei großen Hyperscaler auszulagern. Dem erhöhten Total Costs of Ownership steht somit lediglich das vage Versprechen der Datensouveränität entgegen. Meine Prognose aus dem Firmenalltag lautet daher: GaiaX basierend auf dem heutigen Konzept wird nicht reichen.  

Warum trotzdem dranbleiben?

Warum sollten Altmaier, Breit, die Telekom und all die anderen trotzdem dranbleiben? Die Antwort lautet: Der Cloudmarkt ist gigantisch und wird noch weiter wachsen. Die Cloud ist die digitale Infrastruktur der digitalen Welt der Zukunft. Wie Saudi-Arabien an jedem gefahrenen Kilometer in der westlichen Welt (noch) verdient, so verdienen die Cloud-Anbieter mit an jedem Klick den ein User auf der Webseite eines europäischen Unternehmens tätigt.

Der Unterschied zum Öl besteht aber darin, dass wir in Europa es selbst in der Hand haben, wer mit uns das digitale Geschäft der Zukunft macht. Daher, liebes GaiaX-Team, bleibt dran, auch wenn vielleicht noch ein oder zwei Pivots nötig werden.


Andreas Tamm und Roland Frank haben bei der Erstellung dieses Artikels unterstützt.

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