Erst einmal: Was ist eine Cloud?
Cloud ist die Automatisierung der IT. Gegenüber den klassischen Rechenzentren werden vor allem die Bestell-, Liefer- und Abrechnungsprozesse automatisiert. Diese Automatisierung erzeugt deutliche wirtschaftliche Vorteile für Anbieter und Nutzer von IT-Leistungen. Vergleichbar ist dies in etwa mit dem Sprung von der CD zum Streamingdienst Spotify.
Was ist nun das Problem?
Der Cloud-Markt wird dominiert von den amerikanischen Unternehmen Amazon, Microsoft und Google. Deren Cloud-Rechenzentren sind faktisch allen europäischen Rechenzentren überlegen. Wettbewerblich ist das kein Problem, die drei konkurrieren heftig miteinander. Jedes europäische Unternehmen hat - neben der Option, eigene IT zu betreiben - immer eine echte Wahl. Auch fallen die Preise ständig, das Portfolio wird breiter und besser, und die Cloud-Anbieter agieren meist kundenorientiert. Aus politischer Sicht gibt es dennoch drei Probleme:
- Digitalsteuer: Wie Saudi-Arabien bei jedem gefahrenen Kilometer mit verdient, so verdienen Microsoft, Google und Amazon faktisch bei jeder digitalen Transaktion Europas mit. Bei Öl ist das unvermeidbar, das gibt es in Europa ja kaum, aber bei Bits und Bytes? Das ärgert.
- Geopolitik: Ähnlich wie Trump Huaweii den Saft hat abdrehen können, weil diese amerikanische Betriebssystem Android für deren Mobiltelefone nutzen, so könnte Trump wohl irgendwie die Cloud-Provider zwingen, ihren Betrieb in Europa einzustellen. Die Folgen für Europa wären katastrophal, diese stellen nun einmal die digitale Infrastruktur europäischer Unternehmen.
- Cloud Act: Gemäß des Cloud-Acts kann die amerikanische Regierung amerikanische Unternehmen zwingen, Daten herauszugeben, so sie in deren Obhut liegen. Zwar kann europäische Unternehmen ihre Daten in den Clouds einfach verschlüsseln, ein ungutes Gefühl bleibt dennoch. Es entsteht der Bedarf nach Datensouveränität.
GaiaX - eine europäische Cloud mit Datensouveränität
GaiaX besteht im Kern aus zwei Komponenten.
Im Infrastructure Ecosystem melden europäische IT-Anbieter wie ATOS und T-Systems ihre Leistungen in einem zentralen Service-Katalog an. Der Kunde kann sich aus diesem Katalog – so die Theorie – Cloud-Leistungen zusammenkonfigurieren, ähnlich wie bei der amerikanischen Konkurrenz. Die IT-Lösung liegt lediglich in einer föderalen Cloud, verteilt über viele kleine Anbieter.
Im Data Ecosystem werden dann „Data Spaces“ nach dem Konzept des Fraunhofer Instituts IDS angeboten. Diese sollen es dann Kundenunternehmen (in den Gebieten Mobility, Healthcare, Logistics, Energy, …) ermöglichen, Daten untereinander, sicher und datensouverän auszutauschen. Gelingt dies, so können auch Mittelständler und öffentliche Unternehmen Nutzen aus den Daten ihrer Wertschöpfungskette ziehen. Europa würde auf diese Weise enorme Datenmengen sammeln und darauf basierend spannende Services mit viel Artificial Intelligence erstellen. Jeder einzelne Akteur bliebe - dank Fraunhofer - datensouverän.
GaiaX - Management Summary
Mit GaiaX löst sich Europa aus amerikanischer Abhängigkeit, indem sich viele kleine, europäische Anbieter zu einer föderalen Cloud (Infrastructure Ecosystem) zusammenschließen. Der Betreiber ist Europäisch, wir entziehen uns damit dem Cloud Act. Europa bleibt auf der Infrastrukturebene datensouverän.
GaiaX bietet ein Data Ecosystem nach dem Vorbild der Fraunhofer IDS. Dort können Unternehmen untereinander Daten teilen und damit intelligente Services (mit AI) entwickeln. Es entstehen riesige Datenpools in den Bereichen Mobility, Healthcare und Energy wie sie in keinem anderen Land existieren. Europa wird dort technologisch führend - ohne dass ein Akteur seine Datensouveränität verliert.
Echtes Neuland
Als Angela Merkel 2013 vom Internet als Neuland sprach, gab es Lacher - handelte es sich doch lediglich um Neuland für ihre Politikergeneration. Mit GaiaX beschreiten wir diesmal wirklich Neuland. Denn: eine relevante und erfolgreiche föderale Cloud ist nicht bekannt, große funktionierende Datenökosysteme mit ausnahmslos datensouveränen Teilnehmern ebenfalls nicht. Trotzdem werden wir es schaffen, denn: Angela Merkel hat sich eingearbeitet, wie man an folgendem Video sehen kann.
“Ich spreche da so ausführlich drüber, weil […] da eine wesentliche Sache zu beachten ist […] und zwar dass wir vom Bürger [Nutzer] her denken […] Wir sind im normalen, klassischen Denken gewohnt, ein Projekt zu planen, das gesamte Projekt dann schrittweise umzusetzen, während im digitalen Zeitalter eine völlig andere Art der Herangehensweise da ist. […]”
Bevor wir es also schaffen, werden wir noch einige Male die Perspektive des Nutzers - des Anwenderunternehmens - einnehmen. GaiaX wird dann noch die ein oder andere Wendung nehmen.
Andreas Tamm und Roland Frank haben bei der Erstellung dieses Artikels unterstützt.